Letzte Woche entbrannte eine Facebook-Debatte über ein Angebot eines deutschen Discounters der 600 Gramm Grillfleisch für 1,99 € (in Worten ein Euro, neunundneunzig Cent) im Sortiment führt.
Ein Thema das mich schon länger beschäftigt. Es ist unglaublich zu sehen wie wenig Gedanken sich einige Menschen beim Einkauf machen, wie naiv und blauäugig sie "Schnapper-Angebote" annehmen ohne zu hinterfragen woher diese Angebotspreise eigentlich kommen. Mir kommt immer wieder ein Satz in den Kopf den ich einmal irgendwann aufgeschnappt habe.
"Die [aus der Lebensmittelindustrie, Anm.] würden schon nichts anbieten, was uns krank macht."
Wie schön wäre es, wäre es so - die Realität sieht aber, getrieben durch die Umsatzoptimierung des Kapitalismus, leider anders aus. Auch wenn diese Angebote vielleicht nicht sofort zu schwerer Krankheit führen existieren über einzelne Inhaltsstoffe in den meisten Fällen keine ausreichende Erkenntnisse über deren Langzeitrisiken. Trotzdem gibt es unzählige Magazine, Dokumentation, Aufklärungs- und Informationsreportagen die die verschiedenen Machenschaften der Discounter und Billiganbieter aufdecken. Leider finden sie in der Gesellschaft nicht den richtigen Anklang und ich frage mich oft, warum eigentlich nicht? Ich bin mir sicher, dass auch ich durch diesen Artikel vermutlich nicht die Menschen erreiche, die sorg- und gedankenlos bei namhaften Discountern Woche für Woche ihre überdimensionierten Einkaufswägen durch die Gassen schieben und vollladen - und wenn doch hoffe ich, dass sie nach dem Lesen dieses Artikels zumindest über ihr Einkaufsverhalten neu nachdenken.
Immer wieder hört man von einem Gegenargument, gegen lokales Kaufen aus Bio-Betrieben, vom regionalen Metzger oder vom örtlichen Bäcker. Ein Totschlagargument - oder zumindest wird es als solches eingesetzt. "Es gibt Leute mit kleinerem Geldbeutel, die können sich das teure Fleisch nicht leisten". Dazu möchte ich vorneweg sagen: Ich bin Künstler. Als Künstler lebe ich quasi ständig am Existenzminimum. Trotzdem kaufe ich regionale, frische Bioprodukte und meide alle Discounter seit langem.
Natürlich ist gutes Fleisch auch etwas teurer als schlechtes. Aber wer einmal den direkten Vergleich zwischen einem Hühnchen aus Massentierhaltung und einem Bio-Huhn hatte schmeckt den himmelweiten Unterschied. Für gute, natürliche Produkte gebe ich gerne mehr aus. Wie funktioniert das dann aber mit einem geringen Einkommen? Ganz einfach: Weniger Fleisch kaufen! Es muss nicht jeden Tag Fleisch, Wurst und co. sein - früher war das übrigens ganz normal. Ältere Menschen können sich noch gut an Zeiten erinnern als Fleisch ein Luxusgut war. Ich finde, dorthin sollten wir zurück. Weg von Massentierhaltung, weg von einem Lebensstile bei dem alles immer und ständig in Massen verfügbar sein muss. Das mag vielleicht ein radikaler Ansatz sein, aber ich glaube damit würde es uns allen besser gehen. Die Grünen haben vor nicht allzu langer Zeit in deutschen Kantinen den "Veggie-Day" gefordert, eine im Grunde lobenswerte Sache die leider völlig falsch medial präsentiert wurde. Es geht nicht darum Menschen etwas vorzuschreiben.
Wie kann ein Preis von 1,99€ für 600g Grillfleisch zustande kommen? Natürlich, große Händler haben eine andere Verhandlungsbasis weil sie deutlich mehr Menge abnehmen können als kleinere Betriebe - dieses Argument stimmt schon. Allerdings wird das von den Discountern oft gnadenlos ausgenutzt, Betriebe werden regelmäßig im Preis gedrückt und damit oft in den Ruin getrieben. Geht ein Zulieferer pleite, kommt der nächste empor. Der Preis für dieses Produkt sind ja nicht die tatsächlichen Kosten dafür. Ich kenne zwar die genauen Zahlen nicht, aber wenn man sich überlegt dass von diesen 2€ das Material der Verpackung, die Herstellerfirma der Verpackung, alle Mitarbeiter, die Zutaten für die Marinade des Fleisches, die Aufzucht und das Futter der Tiere sowie der Lohn der Bauern bezahlt werden müssen, fragt man sich was am Ende pro Gramm Fleisch überhaupt von diesen 2€ überbleibt. Zumal jeder an diesem Produkt etwas verdienen möchte, am allermeisten dabei natürlich der Discounter der die größte Gewinnmarge an einem Produkt hat.
Die Zusatz- und Ersatzstoffe die gerade Wurst zugesetzt und beigemischt werden sind erschreckend. Diese Stoffe werden beigemischt um die Produktionskosten so niedrig wie möglich und die Gewinnmarge so hoch wie möglich zu halten. Etwaige Gesundheitsrisiken für den Endverbraucher spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle.
Dem Brot beim Discounter werden bestimmte Enzyme beigemischt, damit das Brot schön aussieht, eine tolle resche Kruste hat und das Gebäck "wie von Hand gemacht" aussehen lässt. Diese Enzyme die wir dadurch zu uns nehmen haben einen starken Einfluss auf unsere Gesundheit. Und das alles nur um die Gewinnmarge bei Discountpreisen so hoch wie möglich halten zu können. Denn es wäre kein Problem ein gutes Brot, mit rescher Kruste ohne Zusatzstoffe zu backen. Das ist aber deutlich zeitaufwendiger und braucht hochpreisigere Grundzutaten.
Was also tun?
Ich habe für mich den Wochenmarkt neu entdeckt - nicht nur das man dort gute Produkte bekommt, man wird nett beraten und kann zum Beispiel bei Obst oder Käse erst ein kleines Stück probieren bevor man es kauft. Man gewinnt also nicht nur durch gute Produkte sondern hat auch eine soziale Interaktion und eine schöne Zeit. Der Wochenmarkt ist aber nicht für alle Produkte eine alternative zum Discounter, deshalb gehe ich für bestimmte Produkte zu einem Bio-Supermarkt.
Es gibt aber auch andere Ansätze - zum Beispiel Hofläden oder ein tolles Konzept bei dem man für einen gewissen Betrag im Monat einen Teil eines bewirtschafteten Bauernhofes pachtet. Die auf dem Bauernhof regional erzeugten Produkte können einmal in der Woche kostenfrei abgeholt werden. Das funktioniert wunderbar mit Brot, Eiern, Gemüse und Obst. Man hat also immer frische, regionale Ware quasi vom "eigenen" Bauernhof. Man kann dem nächsten Feldsalat beim wachsen zusehen und - je nach Wunsch auch bei dessen Aufzucht helfen.
Wer einmal frische, regional-natürlich produzierte Lebensmittel verarbeitet und gegessen hat will nicht mehr zurück zu Billigangeboten der vermeintlich günstigen Discountern. Am Ende des Tages bezahlen wir dort nämlich einen viel höheren Preis - wir bezahlen mit unserer Gesundheit. Außerdem schmeckts besser - und wenns besser schmeckt ist unsere Lebensqualität auch eine andere.
Ich lasse mir jetzt jedenfalls ein mit rein regionalen, natürlichen Biozutaten (mit Ausnahme der roten Thaicurrypaste aus dem Asiamarkt) selbstgemachtes Gemüsecurry schmecken. Übrigens, der riesige Topf der für mich alleine für gut vier Tage reicht hat mich rund 15 € gekostet.
In diesem Sinn - Guten Appetit!
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claudia busch (Sonntag, 04 Juni 2017 22:57)
der Artikel ist gut geschrieben und ich teile deine Meinung.Es muß nicht immer viel Fleisch sein,aber Qualität und dafür zahle ich gerne�